Hessische Sportplakette 2020 geht fünf Mal in die Leichtathletik

  20.01.2021    HLV Sportentwicklung Leistungssport Verbandsnews Wettkampfsport

Die Sportplakette gilt als höchste sportliche Auszeichnung des Landes Hessen und wird jedes Jahr an Menschen verliehen, die sich in besonderer Weise um den hessischen Sport verdient gemacht haben. Für das Jahr 2020 wurden mit fünf der insgesamt 17 Preisträger überproportional viele Persönlichkeiten aus der Leichtathletik ausgezeichnet. Aus dem Bereich der aktiven Sportlerinnen und Sportler sind das die Langstreckenläuferin Melat Yisak Kejeta (Laufteam Kassel) sowie Mittelstreckler Marc Reuther (Eintracht Frankfurt). Günter Eisinger und Jürgen Sammert wurden in ihrer Funktion als Trainer bedacht und Karin Scheunemann wurde für ihre ehrenamtliche Tätigkeit in Verein und Verband gewürdigt.

HLV-Präsident Klaus Schuder:

„Wir gratulieren ganz herzlich zu dieser wertvollen Auszeichnung und freuen uns mit den Preisträgern. Es ist schon erwähnenswert und sicher kein Zufall, dass so viele Auszeichnungen in die Leichtathletik gegangen sind. Diese Preisverleihung zeigt uns, dass der HLV und alle seine Mitglieder seit Beginn der Corona-Pandemie verantwortungsvoll mit der Situation umgehen und trotzdem weiterhin etwas bewegen können. Wir als HLV sind stolz auf unsere Persönlichkeiten, die mit ihrem Engagement auf allen Ebenen die Leichtathletik in Hessen gestalten.“

 

Melat Yisak Kejeta (Laufteam Kassel)

Bei den Halbmarathon-Weltmeisterschaften im polnischen Gdynia im Oktober lief Melat Kejeta bei ihrem ersten Start für den DLV nicht nur zur Silbermedaille, die Athletin des Laufteam Kassel stellte mit ihrer herausragenden Leistung zusätzlich gleich mehrere Rekorde auf. Mit der Top-Zeit von 1:05:18 Stunden knackte der Schützling des ehemaligen Marathon-Bundestrainers Winfried Aufenanger den 25 Jahre alten deutschen Rekord von Uta Pippig (1:07:58 std.). Die 10-Kilometer-Marke passierte die gebürtige Äthiopierin nach 30:47 Minuten und unterbot damit die bisherige deutsche Bestzeit von Irina Mikitenko, die 2008 in Karlsruhe 30:57 Minuten gelaufen war. Darüber hinaus ist die 28-jährige Nordhessin nun Inhaberin des Europarekordes über die Halbmarathon-Distanz für reine Frauenrennen.

 

Marc Reuther (Eintracht Frankfurt)

An das „Diamond League Meeting“ des Weltverbandes IAAF im August in Monaco wird sich Marc Reuther sicherlich noch lange erinnern. In einer, bedingt durch die Corona-Krise, eher von Absagen und Ausfällen geprägten Saison konnte der Mittelstreckler einen der begehrten Startplätze ergattern. Und der Eintrachtler konnte im Fürstentum am Mittelmeer eindrucksvoll auf sich aufmerksam machen. Der Schützling von Bundestrainer Thomas Dreißigacker (Leipzig) hatte sich bereits während der Hallensaison 19/20 einen internationalen Namen gemacht, als er diese als schnellster Europäer mit 1:45,39 Minuten (gelaufen am 2. Februar in Erfurt) beendete. Reuther verteidigte dann bei der DM in Braunschweig im Alleingang von der Spitze weg mit 1:46,97 Minuten souverän seinen DM Titel und reiste wenig später nach Monte Carlo. In einem taktisch klugen Rennen konnte der Eintrachtler als Sechster mit hervorragenden 1:44,93 Minuten eine neue persönliche Bestzeit bejubeln und blieb erstmals in seiner Karriere unter der „1:45 Minuten Schallmauer“. Mit seiner Zeit von Monaco führt Reuther die deutsche Jahresbestenliste 2020 mit großem Abstand an. Am Ende einer schwierigen Saison 2020 sortierte sich der Frankfurter in der Weltbestenliste auf Rang fünfzehn ein. In Europa wird der Student der Wirtschaftswissenschaften als Zehnter geführt.

 

Günter Eisinger

Günter Eisinger ist zweifelsfrei „Mister Hochsprung“. Sein Ruf als Trainer und Manager geht weit über die hessischen Landesgrenzen hinaus. Er formte diverse Springer zu Top-Athleten. Aus lokaler Sicht sind hier besonders Olympiateilnehmer Gerd Nagel und Ariane Friedrich zu nennen. Nagel (LG Frankfurt) flog bereits 1988 über hervorragende 2,35 Meter, womit er noch immer den hessischen Rekord hält. Eine absolute Top-Höhe, die bei der letzten WM in Doha (QAT) zu Bronze gereicht hätte.

Mit Ariane Friedrich verbindet den mittlerweile 70-jährigen Coach bis heute eine enge Freundschaft. Die ehemalige Eintrachtlerin hält bis heute mit 2,06 Metern den deutschen Rekord. Das erfolgreiche Duo Eisinger/Friedrich konnte zusammen WM-Silber in Berlin (2009), EM-Bronze in Barcelona (2010) und den Titel bei der Hallen-EM (2009 in Turin) bejubeln.

Als Athleten-Manager hatte Eisinger maßgeblichen Anteil daran, dass Leichtathletik-Fans in Deutschland Stars der Szene wie Blanka Vlasic (CRO), die beiden Schweden Stefan Holm sowie Kajsa Bergqvist oder auch Weltrekordler Javier Sotomayor (CUB) live bei den reinen Hochsprung-Meetings in Eberstadt bzw. Arnstadt bejubeln konnten.

Im Hauptberuf wirkte Eisinger als Lehrer am Friedberger Burg-Gymnasium. Dort vermittelte er als Sportlehrer unzähligen Schülern die Freude am Laufen, Springen und Werfen. Hinzu kamen über viele Jahre noch Tätigkeiten als Landes- und Bundestrainer. Auch in diesen Tagen ist der Träger des Hessischen Verdienstordens immer noch regelmäßig mit Kleingruppen beim Training im Sportzentrum Kalbach oder auf der Anlage an der Hahnstraße anzutreffen.

 

Jürgen Sammert

Nur wenige Trainer haben den hessischen und deutschen Mehrkampf in der Vergangenheit so beeinflusst wie Jürgen Sammert. Der in Siegen wohnende Routinier führte eine ganze Reihe von Athleten zu internationalen Ehren, Top-Platzierungen bei Welt- und Europameisterschaften sowie neuen Bestmarken. Erinnert sei an den Überraschungs-Coup von Pascal Behrenbruch (Eintracht Frankfurt/PB 8439 Pkt.), der in Helsinki (2012) Europameister wurde. Drei Jahre zuvor war der sicherlich nicht immer einfach zu trainierende Offenbacher in Berlin WM-Sechster geworden. Oder Jan Felix Knobel (ebenfalls Eintracht), der sich 2008 mit nur zwei Zählern Vorsprung in Bydgoszcz (POL) den WM-Titel der U23 holte. Knobel war noch WM-Starter in Daegu/KOR (8.), Olympia Teilnehmer in London und hat als Hausrekord 8288 Punkte stehen.

Sammert, mittlerweile 64 Jahre alt, coachte auch acht Jahre die Eintrachtlerin Carolin Schäfer, die er bei der WM 2017 in London zu Silber und bei der EM 2018 in Berlin zu Bronze führte. Unter der Regie von Sammert markierte die Polizeikommissarin ihre Bestleistung von 6836 Zählern. Auch Claudia (Salman) Rath gehörte eine Weile zur Trainingsgruppe und brachte es in dieser Zeit auf 6580 Punkte und einen vierten Platz bei der WM 2013 in Moskau. Schäfer trainiert mittlerweile bei den Eltern von Niklas Kaul in Main, Claudia Rath ist im Herbst letzten Jahres Mutter geworden. Trotzdem wird es Jürgen Sammert nicht langweilig. Seit ein paar Jahren kümmert er sich um die Weitsprungspezialisten Maryse Luzolo und Gianluca Puglisi (beide Königsteiner LV). Zur Gruppe gehören auch Nachwuchs-Siebenkämpferin Lilian Tösmann, die seit Jahresbeginn das Eintracht-Trikot trägt und Vereinskollege Andreas Bechmann (5. Hallen-EM 2019 Glasgow und Zehnkampf PB von 8132 Pkt.).

 

Karin Scheunemann

Die amtierende Vorsitzende des Leichtathletik-Kreises Wetterau ist seit einem halben Jahrhundert ehrenamtlich in unterschiedlichen Funktionen in der Leichtathletik aktiv. Im LSC Bad Nauheim, dem Scheunemann von 1999 bis 2006 vorsaß, hat sie gemeinsam mit ihrem Mann Vieles angestoßen: Sie kämpfte für eine Kunststoffanlage im eigenen Waldstadion, rief 1993 den Jedermann-Zehnkampf ins Leben, an dem auch viele Frauen teilnehmen, und führte als B-Trainerin Mehrkampf zahlreiche Nachwuchsathleten zu Hessischen Meisterschaften.

Darüber hinaus arbeitete sie als Schülerwartin des Hessischen Leichtathletik-Verbandes neue Wettkampfangebote aus. Als ausgebildete Schiedsrichterin war sie auf allen Ebenen im Einsatz – bis hin zu Deutschen Meisterschaften. Im Leichtathletik-Kreis Wetterau begann sie als Frauenwartin. Es folgten die Positionen Sportwartin, zweite und heute erste Vorsitzende.

Die Hessin hat zahlreiche Auszeichnungen für ihr Engagement erhalten:

Ehrungen durch den HLV: Ehrennadel in Bronze - Silber - Gold

Ehrungen durch den DLV: Ehrennadel in Silber und Gold

Ehrung durch den Landkreis Wetterau: Sportehrenpreis 2016 (zusammen mit Ehemann Wolfgang)

Für ihren unermüdlichen Einsatz für die Rolle der Frau im Sport würdigte sie der Landessportbund Hessen 2017 mit dem „Lu-Röder-Preis". Erst kürzlich wurde ihr der „Bürgerpreis Oberhessen“ für ihr langjähriges Engagement für die Leichtathletik in der Wetterau überreicht.

 

erstellt von Jens Priedemuth/Björn Günther